Wie schaffe ich Vertrauen in meinem Team?

Vertrauen im Team

Vertrauen ist das, was sich alle wünschen – der Schlüssel zu einer funktionierenden Zusammenarbeit, zu einem funktionierenden Team. Wenn die Mitarbeiter einander und der Führungskraft vertrauen, und umgekehrt die Führungskraft dem Team vertraut, so braucht es weniger Bürokratie, weniger Kontrolle, ja eventuell sogar weniger Ausgaben…

Aber wie kommt man dahin? «Vertraue mir einfach!» ist kein Zauberspruch, der hier schnelle Abhilfe schafft. Vertrauen muss man sich erarbeiten, eine schnelle Abkürzung gibt es nicht.

Loslassen und hoffen!

Vertrauen schliesst drei Komponenten mit ein:

  • Die Hoffnung, dass es gut kommt: «Hab Vertrauen in unser Geschäftsmodell!»
  • Loslassen können und den/die Anderen machen lassen: «Ich vertraue darauf, dass du meine Katze fütterst.»
  • Durch den Anderen in seinen eigenen Interessen nicht zu Schaden kommen: «Diese Informationen sind vertraulich».

All dies wird erleichtert, wenn man diesbezüglich schon gute Erfahrungen gemacht hat. Wer in seiner Biographie erlebt hat, dass es nicht gut kommt, wenn er/sie vertraut, wird mit der Zeit misstrauisch, kann nicht loslassen und erwartet schon den Misserfolg. Somit gibt es eine psychologisch-biografische Komponente im Vertrauen. Tritt man eine neue Herausforderung an oder kommt in ein neues Team kann es sich dennoch lohnen, diese sich verstärkenden Mechanismen genauer anzuschauen, etwa in einem Coaching: Rückblickend hat man nämlich oft nur noch die Ereignisse im Kopf, die diese negative Weltsicht bestätigen. Die vielen Male, wo man – z.B. in der Freizeit – vertraut hat und es geklappt hat, blendet man zu leicht aus:

  • den Piloten, der den Ferienflieger bei Sturm erfolgreich gelandet hat
  • den Nachbarn, welcher nicht nur die Pflanze gegossen, sondern auch das noch offene Fenster geschlossen hat
  • die Freundin, die das geliehene Auto unversehrt zurückgebracht hat

Hier geht es nicht darum «endlich mal positiv auf die Welt zu sehen», sondern die natürliche Balance wieder herzustellen und herauszufinden, welche Faktoren es denn genau sind, welche mich einer Person vertrauen lassen.

Wem vertrauen wir?

Nehmen wir das Beispiel des Piloten. Ihm vertrauen wir, weil wir ihm Fachkompetenz zuschreiben und weil wir in die Prozesse vertrauen, in die er eingebunden ist: eine adäquate Ausbildung, regelmässige Weiterbildung im Simulator, medizinische Checks…

Der Freundin vertrauen wir, weil sie uns sympathisch ist, weil wir aus unserer gemeinsamen Geschichte wissen, dass sie Geliehenes mit Sorgfalt behandelt und uns nicht ausnutzt.

Vertrauen entsteht also mit der Zeit und baut sich in kleinen Schritten auf. Vielleicht leiht man der Freundin zuerst einen Kreuzschraubenzieher, dann die Nähmaschine und erst dann das Auto. Zusätzlich hilft es dem Vertrauen, wenn beim Gegenüber eine gewisse Kompetenz vorhanden ist. Es ist wahrscheinlich nicht zielführend, dem Marketingspezialisten zu vertrauen, dass er bei meiner Ferienabwesenheit das Software-Feature fertig programmieren wird. Der Softwareentwicklerin aus dem Nachbarbüro kann ich in dieser Angelegenheit leichter vertrauen. Haben wir Standards, einen automatisieren Testprozess und eine Infrastruktur, welche die Auslieferung fehlerhafter Software zusätzlich erschwert, so fällt mir das Vertrauen noch etwas leichter.

Ist es für Vertrauen nötig, dass ich viel Persönliches über meine ArbeitskollegInnen weiss? Nicht unbedingt. Es ist sehr individuell, wieviel man als Privatperson bei der Arbeit über sein Privatleben preis geben will. Kontraproduktiv wäre, das als Regel in einem Team festzuhalten. Einige Menschen erzählen gerne Privates, andere weniger. Private Details schaffen jedoch genauso wie berufliche Geschichten manchmal mehr, manchmal weniger Vertrauen.

Den Nährboden schaffen: 5 Tipps

Daraus ergeben sich nun schon ein paar Ideen, wie das Vertrauen innerhalb eines Teams gefördert werden kann:

  1. Fördern Sie Fachkompetenz. Sorgen Sie dafür, dass die Kompetenzen in einem Team nicht alle nur je auf eine Person verteilt sind. Teammitglieder sollten sich in allen Skills vertreten können. Achten Sie darauf schon bei der Teamzusammenstellung, bzw. sorgen Sie durch gezielte Weiterbildungen für einen Ausgleich. Denken Sie dabei auch an Kompetenzen wie Moderation, Prozess-Knowhow, Verhandlungstechnik, oder Dokumentation.
  2. Fördern Sie den persönlich-fachlichen Austausch. So erfahren die Teammitglieder etwas über die fachlichen Kompetenzen der anderen Person und können sich gegenseitig als ExpertInnen erfahren. In der Software-Entwicklung benutzt man dafür Peer-Reviews. Dabei zeigt ein Teammitglied seine Arbeit einem anderen – nicht notwendigerweise mehr senioren – Teammitglied und holt sich von diesem Feedback ein.
  3. Schaffen Sie unterstützende Prozesse zur personenunabhängigen Qualitätssicherung. Es schafft Sicherheit und Vertrauen, wenn etwa für Verträge und Offerten Templates mit Textbausteinen benutzt werden können. Es müssen gar nicht in jedem Fall vollständig digitalisierte Prozesse sein – auch ein einfaches Vier-Augen-Prinzip ist ein Anfang. Dies hilft nicht nur beim Vertrauen, eine Aufgabe abzugeben, sondern auch dem Selbstvertrauen, einmal eine etwas anspruchsvollere Arbeit zu übernehmen.
  4. Beginnen Sie mit kleinen Dingen, in denen die Teammitglieder einander vertrauen können: Schaffen Sie gemeinsame Regeln (etwa für Pünktlichkeit, Kommunikation im Home Office, ungeplante Abwesenheiten) und sprechen Sie sofort an, wenn diese gebrochen werden.
  5. Analysieren Sie, ob es strukturelle Hindernisse gibt, welche das Vertrauen im Team untergraben: Werden die MitarbeiterInnen durch Anreize zum Einzelkämpfertum angestiftet? Haben sie einen Vorteil, wenn sie ihr Knowhow nicht teilen oder vertrauliche Informationen aus dem Team weitergegeben werden? Diese Mechanismen sollten Sie auf jeden Fall loswerden.

Psychologische Sicherheit: So wächst Vertrauen

Alle diese Tipps bewegen sich eher auf der strukturellen Ebene. Sie sind ein Anfang, aber reichen vermutlich noch nicht aus, um Vertrauen in einem Team zu etablieren. Wichtig ist nämlich vor allem auch das Aufrechterhalten von psychologischer Sicherheit im Team:

Zeigen Sie sich ehrlich interessiert an der Meinung und Expertise Ihrer Teammitglieder und honorieren Sie es, wenn jemand einen Beitrag leistet. Leben Sie vor, dass es keine «dummen Fragen» gibt – genauso wenig wie «dumme Ideen» beim Brainstorming. Fordern Sie diesen Respekt auch von den Teammitgliedern untereinander konsequent ein.

Sprechen Sie Stärken des Teams und der Teammitglieder an. Ermutigen Sie die Teammitglieder, gegenseitig über Stärken zu sprechen und so etwas über Ihre Diversität zu erfahren. Auch wenn dies (vor allem in unserer Kultur!) oft schwer fällt: Das Sprechen über Stärken hilft, beim nächsten Punkt nicht aus der Balance zu geraten.

Geben Sie Fehler zu, zeigen Sie selber Schwächen und freuen Sie sich, wenn Teammitglieder auch über ihre jeweiligen Schwächen und Fehler sprechen können. Dies zeigt, dass sich die betreffende Person im Team «psychologisch sicher» fühlt und darauf vertraut, dass sie deswegen von anderen Teammitgliedern keinen Schaden erleidet. Dieses «Pflänzchen» müssen Sie schützen und wachsen lassen – greifen Sie sofort ein, wenn darüber Witze gemacht und Personen ins Lächerliche gezogen werden.

Wie verschaffe ich mir Vertrauen als Führungskraft?

Was heisst das für mich als Führungskraft, wenn ich will, dass mir die Leute vertrauen? Die folgenden 5 Tipps können helfen:

  1. Authentisch bleiben: Vertrauen wird über Zeit aufgebaut. Nur wenn Sie authentisch sind, zeigen Sie Konstanz in Ihrem Verhalten und schaffen dadurch Sicherheit.
  2. Psychologische Sicherheit etablieren: Gehen Sie als Vorbild voran, verteidigen Sie diese mutig und setzen Sie sie durch.
  3. Klare Kommunikation: Was gilt? Was erwarten Sie?
  4. Konstanz: Halten Sie Vereinbarungen ein, seien Sie verlässlich und berechenbar.
  5. Fehlerkultur: Lassen Sie das Team Fehler machen und versuchen Sie, gemeinsam und unabhängig von Personen aus den Fehlern zu lernen. Nur Teams, welche Fehler machen dürfen, werden besser!

Dann gilt es nur noch, Geduld zu haben und abzuwarten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!