Hybride Teams: Wie fördere ich Teamkultur und informellen Austausch?

Hybride Teams

Hybride Teams sind plötzlich normal geworden – die einen sind vor Ort, die anderen zuhause und schalten sich remote dazu, wenn es nötig ist. Die technologischen Herausforderungen, die damit verbunden sind, gehören in den Bereich «kompliziert». Sie sind nicht gerade trivial, aber mit etwas Expertenwissen, dem nötigen Geld und der Berücksichtigung von Best Practices aus dem Bereich von Hard- und Software lassen sich diese lösen.

Wie sieht es dagegen mit der Teamkultur aus? Die kulturellen Herausforderungen sind – im Gegensatz zu den technologischen – nicht nur «kompliziert», sondern «komplex». Sie sind stark kontextabhängig und von einer unüberschaubaren Anzahl Faktoren beeinflusst. Was ein Unternehmen produziert oder verkauft, wie die Marktlage gerade ist, welche Personen dort arbeiten, welche Führungsprinzipien herrschen, wie die Strukturen und Prozesse aussehen: All dies hat eine Kultur geschaffen, welche ihrerseits wieder auf den Kontext zurückwirkt. Best Practice hilft hier leider nur bedingt weiter. In komplexen Problemstellungen gibt es nur eines: Ausprobieren, was im jeweiligen Umfeld den besten Effekt hat und in kleinen Schritten darauf aufbauen.

Hybrid oder nicht: Die Organisation lebt von Kommunikation!

Durch das hybride Setting wird in vielen Organisationen zum ersten Mal sichtbar, wie sie durch Kommunikation überhaupt erst konstituiert werden. Informationen fliessen in vielen sichtbaren und unsichtbaren Kommunikationskanälen durch die Organisation: In Meetings entstehen neue Ideen durch Brainstorming, es wird informiert, rapportiert, präsentiert und entschieden. Konferenzen, Schulungen, Anlässe schaffen neue Netzwerke und bringen Informationen von der Aussenwelt ein. Es ist für ein erfolgreiches Unternehmen entscheidend, dass diese Kanäle nicht verstopft sind. Informationen von der strategischen Führung müssen bei den Mitarbeitenden im Kundenkontakt genau so ankommen wie Informationen von der «Front» bei der strategischen Führung. Und auch der eher vertikale Austausch, welche Themen in anderen Teilen des Unternehmens gerade wichtig sind, ist wertvoll.

Meetings zum rationalen Informationsaustausch können problemlos auch virtuell gehalten werden: die monatlichen Informationsmeetings der Geschäftsleitung, der «Current Trends»-Talk, das Projektstatusmeeting finden im gleichen Rahmen wie früher nun einfach hybrid statt.

Hybride Teams: Wie spüren wir uns als Menschen?

Schwieriger wird es in der Personalführung. Es wird nun doppelt so wichtig, mit den Mitarbeitenden in Kontakt zu bleiben. Früher konnte die Teamleiterin mit einem kurzen Gang durch die Räumlichkeiten sehen, hören und fühlen, wie es den Einzelpersonen ging. Heute ist dies nun nicht mehr möglich. Regelmässige organisierte 1:1-Meetings sind nun auch dort erforderlich, wo man sonst vielleicht darauf verzichtet hat. «Ich sehe ja wie es dir geht und meine Tür ist immer offen» funktioniert nun noch schlechter als früher. Und wenn die Mitarbeiterin nach einem virtuellen Meeting mit ihrer Vorgesetzten vor Enttäuschung weint, hat sie die Kamera längst wieder ausgeschaltet.

Hybride Teams lassen auch eine eigentliche «Teamstimmung» nur noch sehr rudimentär entstehen und spüren. Sie beschränkt sich bestenfalls auf Dinge wie die holzschnittartige Skala «viel zu tun – eher locker». Man kann sich weniger gut von humorvollen Kommentaren der Sitznachbarinnen anstecken lassen. Niemand hört, wenn der Kollege gerade leise vor sich hinflucht. Niemand sieht, dass die Kollegin abends um 18:30 immer noch verbissen an einem Problem arbeitet, bei dem man ihr vielleicht helfen könnte.

Gerade der menschliche Austausch bleibt im hybriden Raum so auf der Strecke. Es entsteht auch eine Ungleichheit zwischen extrovertierten und introvertierten Personen, zwischen sachorientierten und beziehungsorientierten Typen. Die einen thematisieren auch in einem Chat gerne ihre Emotionen, machen Witze oder fragen um Hilfe. Die anderen halten ihre Emotionen nicht für relevant für den Chat und behalten auch ihre Ideen lieber für sich, als andere zu stören. So verlieren die letzteren an Sichtbarkeit und Eingebundenheit, es ist schwierig, ein Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln.

Ideen für das hybride Teamgefühl

Hat man diese Probleme einmal erkannt, geht es ans Ausprobieren und Experimentieren:

  • Die Methode der Wahl bleibt es, wenn Teams mindestens an einzelnen Tagen weiterhin gemeinsam physisch anwesend sind. Am besten verbindet man diesen Tag mit team- und personenzentrierten Aktivitäten (etwa einer Retrospektive, 1:1, einem Brainstorming-Workshop oder einer Teamentwicklung). Wer den Präsenztag hingegen vor allem mit Top-Down-Informationsmeetings füllt, verpasst eine Chance.
  • Fixe, virtuelle/hybride Kaffeepausen mit verpflichtender täglicher Teilnahme für hybride Teams können helfen, das Teamgefühl zu etablieren und schaffen Möglichkeiten für einen informellen Austausch. Es hilft, hier als Führungskraft transparent zu machen, dass und warum man diese «kommunikationsorientierte Arbeitszeit» für genauso wichtig hält wie die «resultatorientierte Arbeitszeit».
  • Ein abendliches Checkout – via Chat oder Call – kann helfen, dass Mitarbeitende mitbekommen, wenn jemand bei der Arbeit auf Schwierigkeiten gestossen ist und möglicherweise Mühe hat, sich loszureissen. Auch Rituale können dabei helfen. Warum nicht auch im Chat eine kurze Runde abhalten, um zu sehen, ob jemand noch meine Hilfe braucht – eher als mit einem «Folks, ich bin dann mal weg» zu verschwinden? Oder ab und zu eine Chat-Emoticon-Runde anregen?
  • Einige Unternehmen lassen sogar alle Mitarbeitende den ganzen Tag mit Kamera und Mikrophon in einem virtuellen Call arbeiten. Die Remote-Arbeitenden sind dazu auf einen grossen Screen im Büro sichtbar. So sieht und hört man spontane Bemerkungen, hat ein besseres «Teamgefühl» und bindet auch introvertiert-sachorientierte Persönlichkeitstypen eher ein.
  • Um organisationsweit zufallsgesteuerte Begegnungen zu ermöglichen (wie früher vor dem Kaffeeautomaten oder im Pausenraum): Warum nicht regelmässig eine organisationsweite «Chatroulette» organisieren, bei der zwei zufällig gezogene Mitarbeitende aus ganz verschiedenen Ecken gemeinsam eine kurze Pause abhalten?
  • Vielleicht helfen auch die Remote-Tipps zum Ermöglichen von virtuellem Netzwerken oder Teambuilding weiter?

Möglicherweise werden viele dieser Praktiken, gerade wenn sie mit Regeln verbunden sind, bei Ihrem Team auf Widerstand stossen. Dies ist verständlich, da man sich dagegen sträubt, solche «natürlichen» Prozesse zu regulieren. Leider ist im hybriden Umfeld aber im zwischenmenschlichen Bereich vieles nicht mehr «einfach so» gegeben. Hier gilt es für alle Beteiligten, neue Lösungen zu finden und auszuprobieren.