Teamcoaching: Einfach so, aktiv oder präventiv?

Präventives Teamcoaching statt Notfallaktionen!

Teamcoaching – was für ein Gefühl verbinden Sie damit? Ist das dasselbe wie «Teamentwicklung»? Wahrscheinlich hängt es von der Definition des Wortes ab, die Sie gerade im Kopf hatten und auch davon, in welchen Kontexten Sie Teamcoaching bereits erlebt haben. Das kann nämlich ganz verschieden aussehen.

Teamentwicklung: Es passiert sowieso!

Im Gegensatz zu Teamcoaching ist «Teamentwicklung» auch etwas sehr Neutrales. Es kann genau das sein, was die beiden Teile des Wortes bedeuten: die Entwicklung eines Teams. Wie vieles Andere passiert auch dies ganz ohne Zutun: Ein Team kann sich NICHT nicht entwickeln. Kommt eine Gruppe von Menschen zusammen, entstehen ganz automatisch bestimmte Verhaltensweisen, bestimmte Machtverteilungen («Rangordnung») – eine eigentliche «Teamkultur». Traditionell kann man die «natürliche» Entwicklung eines Teams zum Beispiel in den Tuckman-Phasen beschreiben:

  • Forming: Das Team formiert sich um die gemeinsame Aufgabe, die einzelnen Mitglieder arbeiten jedoch in der Orientierungsphase noch eher für sich.
  • Storming: Die Teammitglieder arbeiten vermehrt zusammen. Sie machen sich ein Bild davon, wer und wie die anderen sind. Es ist vermehrt nötig, Dinge miteinander auszudiskutieren. Dies kann zu offenen oder verdeckten Konflikten führen. Es entstehen Hierarchien innerhalb des Teams. Autoritäten, z.B. der Führungskraft, werden in diesem Stadium oft hinterfragt.
  • Norming: Gelöste Differenzen schaffen ein Klima von Harmonie und Einheit, Konflikte werden jetzt eher durch Toleranz vermieden. Das Team beginnt, reell zusammen zu arbeiten.
  • Performing: Der Fokus liegt nun auf dem gemeinsamen Erreichen von Zielen. Das Team organisiert sich weitgehend selber und geht konstruktiv mit Konflikten um. In dieser Phase kann das Team die grösste Leistung bringen.
  • (Adjourning): Das gemeinsame Projekt endet, das Team löst sich wieder auf.

Nun kann man hier – zum Beispiel als Führungskraft, aber auch als Teammitglied – durchaus aktiv eingreifen und das Team bewusst «mitentwickeln». So kann man das Team dabei unterstützen, in eine neue Phase überzutreten.

Teamcoaching aktiv: Weg mit dem Problem oder «Let’s have Fun»?

Aktives Eingreifen ist spätestens dann nötig, wenn sich das Team in eine sichtbar ungute Richtung bewegt hat. Daher kommt es vermutlich, wenn der Begriff «Teamcoaching» ein eher mulmiges Gefühl hinterlässt. Einige Unternehmen verordnen ein «Teamcoaching» von oben, wenn irgendetwas nicht so läuft wie es sollte – als letztes Mittel, bevor man zu Entlassungen greift. Oft ist die Teamentwicklung dann auch extern organisiert, weil es sich die Führungskraft selber nicht mehr zutraut. Zum Beispiel, wenn es Konflikte gibt oder das Team nicht so «performt», wie man es eigentlich wollen würde. Teamentwicklung hat dann einen schmerzhaften Beiklang: Wir sind ein «Problem-Team».

Anders ist es mit dem positiv belegten Teambuilding, dass sich begrifflich oft mit der Teamentwicklung mischt. Hier gibt es ein jährliches Budget für Teams, und sei es nur für ein gemeinsames Weihnachtsessen. In vielen Unternehmen liegt sogar ein Teamtag drin: Gemeinsam Spass haben, einmal rauskommen, zusammen Bier brauen oder eine Seifenkiste bauen. Auch dieses Teambuilding ist eine aktive Massnahme, mit Fokus auf der sozialen Seite des Teams. Die Teammitglieder sollen sich besser und einmal von einer anderen Seite kennenlernen. Dies, so hofft man, hat dann auch positive Wirkung auf die Zusammenarbeit im Team. Zugleich gibt es hier jedoch auch einen Belohnungaspekt. Das Team soll etwas zusammen machen, was ihnen unabhängig vom Nutzen fürs Unternehmen einfach Freude macht.

Präventives Teamcoaching: Gemeinsam Kompetenzen entwickeln

Es hilft, wenn man gut miteinander auskommt und gemeinsame Erlebnisse gemacht hat (siehe dazu auch der Blogpost zum Zusammenhalt). Erfolgreiche Teamarbeit hat jedoch mehr als soziale Aspekte: Sie verlangt bestimmte Kompetenzen, eine Kultur des gemeinsamen Reflektierens und auch das gemeinsame Gestalten von Prozessen und Strukturen. Das können klassische «Team-Events» ausserhalb der Firma nur eingeschränkt bieten. Es wäre deshalb nicht zielführend, sich für die aktive Teamentwicklung nur auf diese Events zu verlassen.

Besser ist es, Teamcoaching gezielt und regelmässig anzugehen. Sowohl am Anfang, wenn sich das Team formiert wie in späteren Phasen. Während zu Beginn das Verständnis füreinander, die Stärken der einzelnen Personen sowie nötige Vereinbarungen im Vordergrund stehen, können später der Umgang mit neuen Herausforderungen oder das Aufbrechen «festgefahrener» Strukturen und Kommunikationsmuster ein Thema sein. Es zahlt sich aus, gerade auch die spezifischen Stärken eines Teams herauszuarbeiten und dafür zu sorgen, dass es diese auch gewinnbringend für die Organisation einbringen kann.

Auch bei präventiver Teamentwicklung spricht einiges dafür, ab und zu externe Coaches einzusetzen:

  • Die Führungskraft kann sich voll als Teil des Teams in den Workshop einbringen, bzw. sich ganz herausnehmen, wenn dies nötig ist.
  • Es kann eine Art der Kommunikation und des Umgangs miteinander eingeübt werden, welche im normalen Kontext Führungskraft-Team noch nicht möglich ist.
  • Es können Themen und Ideen beleuchtet werden, welche im «blinden Fleck» des Teams und der Führungskraft liegen.
  • Externe Coaches sind ExpertInnen. Sie können aus einem umfangreichen Repertoire die Interventionen wählen, welche für die jeweilige Thematik bzw. die zu erwerbenden Kompetenzen zielführend sind.

In präventiven Teamworkshops erwirbt und übt das Team Kompetenzen, bevor diese zum ersten Mal dringend gebraucht werden. Gibt es handfeste eskalierte Konflikte im Team, ist meist nicht mehr ein Workshop zu Konfliktkompetenz angebracht, sondern eher eine Mediation. Anders als in einem externen Kursangebot kann in einem Workshop gemeinsam «am lebenden Objekt» direkt für die Praxis gelernt werden. Es geht also nicht mehr um allgemeine «Best Practice», sondern um «Emergent Practice»: Das finden, was im gegebenen Kontext für alle Beteiligten am meisten Sinn macht.

Teamcoaching: Wo liegt der Mehrwert?

Damit sind wir allerdings auch an einem schwierigen Punkt: Wie kann ich den Mehrwert eines präventiven Teamworkshops in meinem Unternehmen transparent machen, so dass dieser auch finanziert wird? Präventive Teamentwicklung bewegt sich im Schnittpunkt von Personalentwicklung und Organisationsentwicklung. Für präventive Teamentwicklung gibt es normalerweise kein Diplom, selbst wenn dabei auch Einzelpersonen sehr viel für sich mitnehmen können. Es ist deshalb schwierig, Teamworkshops als reine Weiterbildungsmassnahme anzubieten (an der sich MitarbeiterInnen manchmal finanziell beteiligen müssten). Auch handelt es sich um eine kontextbezogene Investition in die nachhaltigen Strukturen der Firma, in der man gerade arbeitet.

In den Einheiten, welche das Budget für Organisationsentwicklung verwalten (sei dies HR oder direkt die Geschäftsleitung) ist manchmal ein kurzfristig messbares Resultat gefragt. Bei problembasiertem Eingreifen mag dies eher möglich sein. Leider hängt die Leistung eines Teams jedoch nicht linear davon ab, ob der Teamworkshop gut war oder nicht. (Zur Komplexität von Teamleistung gibt es hier bereits einen Blogpost. )Vielmehr werden in einem guten Teamworkshop Prozesse in Gang gesetzt, welche ihre Wirkung erst nach einiger Zeit entfalten können.

Es bleibt also nur, auf indirekt abgeleitete Effekte zu verweisen:

  • Es ist anzunehmen, dass sich bei Teams mit gutem «Team-Spirit» die Mitarbeiterzufriedenheit steigert und sich die Fluktuation tendenziell verringert.
  • Die Forschung zu «high performing teams» deutet darauf hin, dass in Teams gewisse Faktoren gefördert werden sollten, um eine optimale Leistung zu ermöglichen. Das sind z.B. psychologische Sicherheit, Kommunikations- und Konfliktkompetenz).
  • Da auch in die Wartung von Produktionsanlagen durchaus investiert wird, ist eigentlich nicht anzunehmen, dass ausgerechnet bei den komplexeren «Human Resources» die Wartung kostenlos sein müsste.

Präventive Teamworkshops sind also eine innovative Methodik der Zukunft. Sie ermöglichen es, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern, die Fluktuation zu verringern und die Leistung des Teams nachhaltig zu fördern und zu erhalten.